Dieser Artikel erschien zuerst auf dem online Nachrichtenportal Expat News.
Für viele Menschen ist Hongkong ein ähnlicher Sehnsuchtsort wie die USA. Doch leider ist es fast genauso schwierig, einen Job in Hongkong zu bekommen wie eine Greencard für die Vereinigten Staaten von Amerika. Die ehemalige britische Kolonie gehört zwar offiziell zu China, ist aber in vielen Bereichen – insbesondere in der Wirtschaft – souverän. Aus diesem und noch etlichen weiteren Gründen ist das Leben in Hongkong nicht eins zu eins vergleichbar mit der chinesischen Volksrepublik.
Wer nicht das Glück hat, von einem Arbeitgeber nach Hongkong entsandt zu werden, muss sich selbst auf die Suche nach einer Tätigkeit machen. Stellenangebote auch in englischer Sprache bieten folgende Jobportale und Zeitungen:
Um einen Arbeitsplatz in der Millionenmetropole zu bekommen, muss man Qualifikationen nachweisen können, die es auf dem hongkongnesischen Arbeitsmarkt nur selten oder gar nicht gibt. Da viele in Hongkong ansässige Firmen ihre Kontakte mit Deutschland und Westeuropa ausbauen wollen, werden immerhin gezielt ausländische Arbeitnehmer rekrutiert. Wer eine Chance haben möchte, für eine solche Position vorzusprechen, sollte nicht nur perfekt Englisch sprechen (eine der drei offiziellen Amtssprachen; Nachweis über folgende Tests: TOEFL, IELTS, TSL), sondern idealerweise auch Mandarin und ein wenig Kantonesisch.
Persönliche Bewerbung vor Ort ratsam
Wer sich aktiv in Hongkong bewirbt, sollt möglichst vor Ort sein, um für Vorstellungsgespräche schnell zur Verfügung stehen zu können. Kommt ein Kandidat in die engere Auswahl, so führen die Recruiter in der Regel zunächst ein Telefoninterview, in dem Bewerber jedoch oftmals nicht die Basisfragen (Gehalt, Stichtag, Vertragsart, Zulagen etc.) beantwortet bekommen. Diese wichtigen Einzelheiten werden fast immer ausschließlich in einem persönlichen Gespräch geklärt. Eine Einladung zum Gespräch erhält man für gewöhnlich erst dann, wenn man die Einstellungstests besteht, die übrigens in Hongkong gang und gäbe sind.
Das Vorstellungsgespräch bei einheimischen Unternehmen läuft den Erfahrungen von Deutschen in Hongkong zufolge für europäische Verhältnisse ziemlich zäh ab. Es soll an einen regelrechten Kampf erinnern, in dem alle Parteien um jedes Zugeständnis ringen. Dabei kommt es auch vor, dass die Fähigkeiten der Bewerber abgewertet werden, um beispielsweise das Gehalt zu drücken.
Ohne Mindesteinkommen geht in Hongkong gar nichts
Hat man die Hürde geschafft und ein Jobangebot bekommen, ist längst noch nicht alles in trockenen Tüchern. Im nächsten Schritt gilt es, die Arbeitserlaubnis zu beantragen. Dafür müssen Ausländer, die in Hongkong arbeiten, unter anderem nachweisen, dass sie ein monatliches Gehalt von mindestens 20.000 HK-Dollar (rund 1.900 Euro) verdienen und das Unternehmen muss wiederum plausibel darlegen, dass es für die ausgeschriebene Position keine einheimische Fachkraft finden konnte beziehungsweise dass die erforderlichen Qualifikationen im heimischen Markt noch nicht vorhanden sind. Ausländer, die alle Voraussetzungen erfüllen, erhalten schließlich die Hongkong ID-Card, mit der sie in der chinesischen Metropole wohnen und arbeiten dürfen.
Spätestens wenn sie im Geschäftsleben angekommen sind, sollten sich ausländische Arbeitnehmer auch mit den Gepflogenheiten im Business-Leben vor Ort auseinandersetzen. Und das unterscheidet sich in Teilen erheblich vom europäischen beziehungsweise deutschen. Auch wenn die Briten 155 Jahre die Kolonialherrschaft über Hongkong innehatten, so haben sie kulturell doch weit weniger Spuren hinterlassen als es diese lange Zeitspanne vermuten lässt. Da die Wurzeln der meisten Einwohner chinesisch sind, orientiert sich sowohl das Verhalten im Alltag als auch das im Büro sehr an dem der Chinesen. Entsprechend groß wird die berühmte chinesische Höflichkeit geschrieben. Diese wichtige Eigenschaft ist ein Zeichen von Respekt, ohne den in der zwischenmenschlichen Interaktion gar nichts geht. Ausländer sollten deshalb immer pünktlich zu einer geschäftlichen Verabredung erscheinen und den Einladenden nicht warten lassen. Bei der Anrede gilt wie im deutschsprachigen Raum auch, dass der Nachname zuerst genannt wird (also zum Beispiel Herr Wong). Aber Achtung: Auf Visitenkarten steht der Nachname noch vor dem Vornamen an erster Stelle.
Auf Blicke und Mimik achten
Gespräche mit honkongnesischen Geschäftspartnern sollten selbstverständlich auf Augenhöhe stattfinden, allerdings gelten ein zu langes Fixieren und ein zu langer Blick in die Augen als unhöflich und im schlimmsten Fall sogar feindselig. Geschäftsleute sollten deshalb frühzeitig den Blick senken. In Sachen Kleidung mögen es die einheimischen Businesspartner klassisch-konservativ. Für Männer bedeutet dies, dass ihre Garderobe vorwiegend aus dunklen Anzügen sowie aus Hemden und Krawatten besteht. Frauen machen mit einem Kostüm oder Blazer nichts falsch. Grundsätzlich ist es besser, etwas overdressed als zu leger gekleidet zu sein. Erlaubt und sogar von Vorteil ist das Zurschaustellen von teuren Accessoires wie Uhren oder Schmuck.
Gesellschaftliche beziehungsweise geschäftliche Treffen finden selten in Privatwohnungen, sondern vorrangig in Restaurants statt. Für gewöhnlich übernimmt der einladende Part auch die Kosten für das Essen. Dieses ist in der Regel traditionell chinesisch, was bedeutet, dass viele (bis zu 12) Gänge serviert werden. Es gebietet die Höflichkeit, dass man als Gast zumindest ein klein wenig von jedem Gang probiert. Man sollte weder Teller noch Glas beim Essen komplett leeren, da dies den Beisitzenden signalisiert, dass das Treffen bald vorbei ist.
Hektik und Ungeduld sind im gesellschaftlichen Kontext nicht gerne gesehen, ebenso wenig wie das Beharren auf abgesprochenen Deadlines. Verhandlungen erscheinen insbesondere Westeuropäern nicht sehr effektiv, denn die chinesisch-geprägte Verhandlungsstrategie sieht es nicht vor, ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen. Die Ablehnung eines Vorschlages erfolgt fast nie rigoros – was nicht gefällt, wird auf andere Weise verdeutlicht. So kann es beispielsweise sein, das ein als erledigt betrachteter Punkt am Folgetag erneut auf der Agenda steht. Spätestens dann sollten ausländische Business-Partner verstanden haben, dass es noch keine Einigkeit in dieser Sache gab.
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